Zur Entstehung der Gemeindewappen

Im Selbstverständnis der Schweizer Gemeinden bilden ihre Wappen wichtige Identifikationsmerkmale, die in vielfältiger Weise eingesetzt werden können. Dies gilt in hohem Masse auch für die Luzerner Gemeinden, von denen einige auf eine jahrhundertelange Wappentradition zurückblicken können. Allerdings ist die Entstehungsgeschichte der heutigen "Wappenlandschaft" nicht einfach zu überblicken, und die Veränderungen durch die Gemeindevereinigungen der letzten 15 Jahre sind nur die vorläufig letzte Etappe. Kurz zusammengefasst kann man die Geschichte der Luzerner Gemeindewappen wie folgt skizzieren:

Die ältesten Wappen sind diejenigen der Städte auf dem heutigen Kantonsgebiet (Luzern, Sursee, Sempach, Willisau), gefolgt von denen der Landvogteien bzw. Ämter, die von nachmaligen Gemeinden übernommen worden sind. Im 17. und 18. Jahrhundert erscheinen Vorläufer mancher späterer Gemeindewappen auf den sog. Gültensiegeln, die ab 1722 für alle Gemeindegerichte auf der Luzerner Landschaft als obligatorisch erklärt wurden. Dabei kann man aber in vielen Fällen noch nicht von eigentlichen Wappen sprechen. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts führten dann verschiedene Faktoren dazu, dass schliesslich alle Luzerner Gemeinden über ein heraldisch einwandfreies Wappen verfügten und dieses auch offiziell verwendeten, z. B. auf den Briefköpfen der Gemeindeorgane. Bis in die dreissiger Jahre hinein war es nämlich üblich, dass die Luzerner Gemeinden nicht ihr eigenes Wappen (wo überhaupt ein solches bereits vorhanden war) für ihre Korrespondenz brauchten, sondern das Kantonswappen.

Einen ersten Anstoss zur Ausbildung eines neuen heraldischen Bewusstseins auf Gemeindeebene gab die Publikation des Historisch-Biographischen Lexikons der Schweiz (ab 1921), dessen Artikel zu den Gemeinden in der Regel mit deren Wappen versehen wurden; wo solche noch nicht existierten, wurden meist Neuschöpfungen realisiert. Im Kanton Luzern wurden diese in der Regel in Zusammenarbeit mit dem Staatsarchiv vorgenommen, wobei sich vor allem Staatsarchivar Peter Xaver Weber profilierte. Viele Gemeindewappen dürften also per Gemeinderatsbeschluss eingeführt worden sein; systematische Recherchen in den Gemeinderatsprotokollen sind jedoch bis heute nicht unternommen worden. Praktisch parallel dazu lief die Veröffentlichung der Sammelhefte der Kaffee Hag AG "Die Wappen der Schweiz" ab 1926, die viele Gemeindewappen aufnahmen. Ebenfalls in den zwanziger Jahren begann im Kanton Luzern die Einführung des Grundbuchs, was dazu führte, dass bei den Geometern das Bedürfnis nach Gemeindewappen geäussert wurde, um sie auf den Übersichtsplänen anzubringen. Schliesslich brachte der "Höhenweg" an der Landesausstellung 1939 mit seinen rund 1'600 Gemeindefahnen aus der ganzen Schweiz breiteren Bevölkerungsschichten die Bedeutung der Wappen als Identifikationsmerkmal nahe. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich fast alle Luzerner Gemeinden ein eigenes Wappen zugelegt. Die erste umfassende Darstellung der Luzerner Gemeindewappen liess dann auch nicht lange auf sich warten; 1949 erschien Fritz Blasers "Die Gemeinden des Kantons Luzern", wo allerdings nicht alle Wappen korrekt wiedergegeben wurden.

Bei der Gestaltung ihrer Wappen waren die Luzerner Gemeinden im wesentlichen autonom; erst im Gemeindegesetz von 1962 bestimmte § 60, dass Abänderungen der Gemeindewappen vom Regierungsrat bewilligt werden mussten. Das geltende Gemeindegesetz enthält keinerlei Aussagen zur Gemeindeheraldik mehr.

Im Rahmen der Gemeindereform (Gemeindevereinigungen) ab 2004 verringerte sich die Anzahl der politischen Gemeinden des Kantons von 107 auf zur Zeit (1.1.2025) 79. Damit verloren eine ganze Reihe von kommunalen Wappen ihren Rang als Gemeindewappen. Mit der Ausnahme von Escholzmatt-Marbach haben bei allen Gemeindefusionen die Wappen der namengebenden Gemeinden ihre Funktion für die neue Gemeinde übernommen.

Literaturhinweise:

  • Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz, 7 Bde., Neuenburg 1921-1934
  • Die Wappen der Schweiz: Sammelbuch für Kaffee Hag Sammelmarken, Feldmeilen/Zürich 1926-1958
  • Stefan Jäggi, Die Luzerner Gültensiegel des 18. Jahrhunderts, in: SAH 1991, 163-189
  • Fritz Blaser, Die Gemeinden des Kantons Luzern, Luzern 1949
  • Agnes Von Segesser, Die Wappen der luzernischen Ämter und Vogteien, in: SAH 47 (1933), 97-103
  • Albert  und Berty Bruckner, Schweizer Fahnenbuch, St. Gallen 1942
  • Die Gemeindewappen des Kantons Luzern, Zug/Luzern 2001 (Schweizer Wappen und Fahnen, Heft 6), S. 22-47