Das Stift Beromünster besass bis 1798 herrschaftliche Rechte in einer Dichte, die seinesgleichen suchte. In der luzernischen Landvogtei Michelsamt dominierte diese geistliche Institution den Grundbesitz, die Kirchenverwaltung und die Justiz und war mitverantwortlich für die Marktkontrolle und Militärorganisation. Seine Integration in den sich verdichtenden Staat Luzern ab 1420 gelang nur mit Kompromissen. Aus dieser Ausnahmesituation lassen sich grundsätzliche Aussagen zur Entstehung des Staates Luzern ableiten.Die ausnehmend gute Überlieferungssituation gestattet die Untersuchung der Herrschaftspraxis auf der Mikroebene. Allein durch die Präsenz einer grossen Anzahl Kleriker ergaben sich alltägliche Konflikte, deren Bewältigung Aussagen darüber erlauben, wie sich Herrscher und Beherrschte gegenseitig wahrgenommen haben. Dabei ist die Konkurrenzsituation zwischen der Landesherrschaft Luzern und dem lokalen Herrschaftsträger Stift mit zu berücksichtigen.Das Stift konnte seine Stellung über Jahrhunderte behaupten. Herrschaftliche und wirtschaftliche Privilegien bildeten dafür eine wichtige Voraussetzung, ebenso eine Verwaltung, die sich periodisch erneuern konnte, ohne einen offenen Bruch mit den Traditionen zu provozieren.
Aus dem Inhaltsverzeichnis:
1. Einführung
1.1 Einleitung
1.1.1 Thema
1.1.2 Fragestellung
1.1.3 Methode
1.1.4 Aufbau
1.1.5 Quellen
1.2 Überblick zur Geschichte von Stift und Michelsamt
1.2.1 Das Chorherrenstift Beromünster
1.2.2 Das Michelsamt
1.2.3 Der Flecken Münster
2. Innenleben
2.1 Zwei Chorherren
2.1.1 Die Liebe des Hans Feer
2.1.2 Die Strategie des Jost Ranuzius Segesser
2.2 Familien I
2.2.1 Die Briefe Wilhelm Meyers an seinen Vater
2.2.2 Zur Zusammensetzung des Chorherrenkapitels I
2.3 Wahlen
2.3.1 Wartner
2.3.2 Ausbildung und Berufung
2.3.3 Zur Zusammensetzung des Chorherrenkapitels II
2.3.4 Wahlverfahren in Münster
2.3.5 Wahl in Luzern
3. Repräsentieren
3.1 Der Herrentitel I
3.2 Amtsantritt
3.2.1 Präsentation in Münster
3.2.2 Aufritt in Münster
3.2.3 Der Einzug des Propstes im Flecken Münster
3.3 Eid und Huldigung
3.3.1 Der Aufritt der Landvögte im Jahr 1729
3.3.2 Der Schwörtag I
3.3.3 Der Eid
3.3.4 Der Schwörtag II
3.3.5 Die Gotteshausleute
3.3.6 Die Amtsfahnen
3.3.7 Der Herrentitel II
3.4 Das umgekehrte Zeremoniell: Das Stift in Luzern
4. Leben in der Welt
4.1 Disziplin und geistliche Jurisdiktion
4.1.1 Der Skandal in Münster im Jahr 1602
4.1.2 Priesterkinder
4.1.3 Disziplinierung und Schlichtung
4.2 Das Stift und der Bauernkrieg von 1653
4.3 Die Bürgerunruhen in Münster vom Mai 1660
4.3.1 Bürgerrecht und Rechte auf dem Ober- und Bürgermoos
4.3.2 Orte und Gruppen
4.3.3 Gerüchte, Erinnerungen und Geschichten
4.3.4 Das Problem der Unzufriedenen mit der Schriftlichkeit
4.3.5 Reden, Symbole und Gewalt
4.3.6 Strafen ...
4.3.7 ... und begnadigen
4.3.8 Strategie und Spielraum
5. Einnehmen
5.1 Einkünfte der Chorherren
5.1.1 Eigentum und Gütertrennung in Kollegiatstiften
5.1.2 Individuelle und gemeinsame Einkünfte in Münster
5.1.3 Divisionen
5.1.4 Pfrundlehen
5.1.5 Die sogenannten Walliser Pfründen
5.2 Zehnten
5.2.1 Konjunkturen
5.2.2 Schätzen und versteigern
5.2.3 Der Zehntstreit mit Leopold Feer
5.3 Zinse
5.3.1 Bodenzinse I
5.3.2 Das freie Eigen
5.3.3 Bodenzinse II
5.3.4 Renten und Gülten
5.4 Fall und Ehrschatz
5.4.1 Begründung
5.4.2 Kontinuität der Konflikte
5.4.3 Forderungen
5.4.4 Verhandlungen
5.5 Familien II
6. Verwalten
6.1 Einziehen, Rechnen und Verteilen
6.1.1 Die Rechnungen der Amtleute
6.1.2 Bestimmung der Anteile an der Division
6.1.3 Zuteilung der Divisionen
6.1.4 Individueller Einzug von Divisionen
6.1.5 Verkauf der Divisionen
6.2 Schreiben
6.2.1 Erneuerung der Verwaltung
6.2.2 Die Stiftsurbare vor 1550
6.2.3 Herstellung neuer Urbare
6.2.4 Urbare und altes Herkommen
6.2.5 Zur Konstruktion von altem Herkommen
6.3 Aufbewahren
6.3.1 Das Archiv
6.3.2 Schriftlichkeit und Überlieferung
6.4 Speichern
6.4.1 Exportverbot
6.4.2 Vorrat für Notzeiten
6.4.3 Verwaltung des Speichers
6.5 Personal
6.5.1 Die Wahl der Amtleute
6.5.2 Die Amts- und Fleckenschreiberei
7. Recht sprechen
7.1 Verleihen
7.1.1 Lehensbriefe
7.1.2 Erblehen
7.1.3 Zeitlehen
7.1.4 Mannlehen
7.1.5 Unterleihe
7.2 Lokales Recht
7.2.1 Gerichte im Michelsamt
7.2.2 Die pröpstlichen Gerichte in Münster
7.2.3 Appellieren in Luzern
7.3 Geteiltes Recht
7.3.1 Der Landtag
7.3.2 Bussen in Münster
7.3.3 Bussen und andere Einkünfte im Michelsamt
8. Schluss
8.1 Zusammenarbeit in der Konkurrenz
8.2 «Mittelbare Herrschaft» oder «Herrschaft in der Herrschaft» – Zusammenfassung