Der Schluss liegt nahe, dass mit der verschärften Verfolgung von der Hexerei verdächtigter Personen (mit wenigen Ausnahmen alles Frauen) die Luzerner Obrigkeit ihren Untertanen demonstrieren wollte, dass sie keinerlei Verstösse gegen die gottgewollte Ordnung duldete, als deren Garantin sie sich verstand. Unter den Opfern befanden sich mehrere Kinder, so auch die elfjährige Katharina Schmidlin aus Romoos. Ihr wurde zum Verhängnis, dass sie behauptete, Vögel machen zu können. Unter dem Druck des Verhörs bekannte das Mädchen das zentrale Delikt der angeblichen Hexen, eine Beziehung zum Teufel. Dass der Henker es vor dem Verbrennen auf dem Scheiterhaufen erwürgte, wurde als Strafmilderung verstanden.
Der Text stammt aus dem Turmbuch der Stadt Luzern 1651-1657. Das Original liegt heute im Staatsarchiv Luzern mit der Signatur COD 4545. Das Verhör umfasst vier Originalseiten 180v-182r.
Die Thematik findet sich auch im Roman «Die Vogelmacherin» von Eveline Hasler (Zürich und Frauenfeld 1997), z.B. in der Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern oder in den Bibliotheken des Bibliotheksverbandes Region Luzern .
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[fol. 180v]
Demnach in nechst verwichnen monats Septembris herr oberst leüthnant Ludwig Am Rin, ritter, derwilen landtvogt im land Entlibuch, zu vernemmen worden, was gestalten ein klein meidtelin namens Cathrin Schmidlin von 11 iahren, als von Roomos gebürtig, an zweien underschidlichen orthen vernemmen lassen, das es kleine vögelin machen könde und dessen die prob vor erlichen leüthen sehen lassen wollen, und die wilen ihme die sach nit abgangen, geredt, wan es allein und nacht sie, könne es solches gar wol, es habe aber ein kleiner schwartzer buob, welcher gar boshafft und übig und allwegen zu ihme khome, der ihm verpotten, einiche vögelin zu machen, wan es die leüth sehent; hiemit es in MGH gefangenschafft eingebracht worden, und von herren rathsrichter Möören und übrig verordnete herren uff obberüerte indicia alles ernstes erduret worden.
So hat es erstlich in gegenwertigkheit des herren rathsrichters und schribers sich underfangen, vögelin zu machen, dahin es augen, hertz und gemüeth mit grosser intention gewendt, sagente, wan es sonsten allein, khomen die vögel in underschidlicher gattung, mit den schnblen uf den boden berhen und schwaderen, hab ich solches von einem buoben, der gar arg und sich Blundtsch heise, erlehrnet, ins aber heise er Fötzel Drini.
Item hab der buob ihme verpotten, wie er zu im in thurn khomen, vor den herren vögel zu machen und befohlen, zu schweren, betten und brod essen aber zu underlassen.
[fol. 181r]
Item hab der buob ins an der geheimen natur gekutzlet mit dem glid, welches es gesehen und mit aller beschaffenheit gantz wol geflig und unverschampt genambset.
Item im thurn hab der Blundtsch ins dergestalten offt kutzlet, indeme selbiges allezit gantz verunrathet funden worden.
Item hab das ihme verordnete mensch den bösen geist, der offt ihm thurn verspürt worden, drimal gehört mit ihme reden, ein sprach aber, welche es nit verstanden und weltsch gedunkt, auch hab das meidtlin ihme selbiges nit öffnen wollen, was er mit ihm geredt, sie alzit mit getös und schnutten wider zu einer halben schiben usen gefahren, der (salvo honore) ein solchen greülichen gestankh zurug gelassen, das es mit unkrefften vermeint hie zu fallen.
Item sagt das meidtlin, der buob si so gross als die stuben und könne doch zum fenster hinin khomen, sagt witers, er scharre under dem tisch das strauw weg, bis er klein werde und witte bekhome.
[fol. 181v]
Item er sehe zu ziten wie ein ungeheür und habe gantz feürige augen, welcher, wan es sinen müed, mache es das kreütz, darvon er wiche.
Item der buob wüsse alles, das dem also, zeigt das ihme wachente mensch an, das der bruoder, so mit dem pater Wolffgang khomen, ihm gewert, es solle das meidtelin nit schlagen noch mit ruchen worten anfallen, ungeacht dis ihme in der stuben underredt worden, hab das meidtlin solches im thurn gewüst und ihme vorgehalten, es dörff ins nit schlagen, des langen Wolffganges bruoder hab ihms gewert.
Item si sien des einen worden, das es sinen wolle sin, und der Blundtsch müesse sin sin.
Item beklagt sich das mensch dises meidtlins grosser bosartigkheit und verfahren gegen ihme mit gantz schnöden und unchristenlichen übernamen, fluchen und schweren, tribe solches am meisten, wan die geistlichen von ihme abscheiden, vor welchen es alles ia ia sage, und dan dergestalten elendigklich beschaffen sie.
[fol. 182r]
Uff heüt den 16. Novembris 1652 haben MGH schultheis, rhät und C erkendt, das dis kind, sitenmolen kein besserung zu verhoffen, im thurn one abkündung des lebens stranguliret, und demnach in sakh gestossen, zum hochgricht geführet und mit der Brigitta Wishaubin, welche eben dis tags justificiert und verbrent wird, auch zu eschen verbrent werden solle.