Freizeit: Schützenreglement der Gemeinde Hochdorf, 1842

Das 19. Jahrhundert ist die große Zeit des Vereinswesens. Zusammenschlüsse aller Art organisierten auch freizeitliche Gruppenerlebnisse. Trotzdem waren solche Vereine als Interessenverbände eine wichtiger politischer Faktor.

Das Original liegt im Staatsarchiv Luzern, Signatur: AKT 212/40C

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Schützenreglement
der Gemeinde Hochdorf
 
I. Bildung der Gesellschaft
 
§ 1.
In der Gemeinde Hochdorf besteht zur
Beförderung der Schießkunst und brüderlicher
Eintracht eine Schützengesellschaft.
 
§ 2.
In diese Gesellschaft kan[n] als Mitglied
aufgenommen werden:
a. jeder, der Kantonsbürger ist;
b. " " wirklich mit keiner entehren-
den Strafe belegt ist;
c. " " das 16. Jahr erreicht hat;
d. " " aus dem Waisenamt keine
Unterstützung hat;
e. " " nicht wegen Leichtsinn unter
Vormundschaft steht.
 
§ 3.
Die Gesellschaft wählt aus ihrer Mitte 
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durch geheimes, absolutes Stimenmehr[!] einen
Schützenrath, bestehend aus fünf Mitgliedern,
nämlich einem Schützenmeister, Pfleger, Fähnd-
rich und zwei Schützenräthen.
 
II. Verrichtungen des Schützenrathes
 
§ 4.
Ihm liegt ob, den Nutzen der Gesellschaft
zu fördern und deren Schaden zu wenden. Jedes
Jahr am 19ten März und am 15ten August
versam[m]elt er die Gesellschaft ordentlich; außer-
ordentlich aber, so oft es drei Mitglieder des
Schützenrathes oder die Hälfte der Gesellschafts-
mitglieder verlangen. Er bestim[m]t die alljährlich
abzuhaltenden Schießtage, die Gewinste und den
Doppel. Er wählt die Zeiger und Aufseher,
bestim[m]t deren Lohn, und es sollen im[m]er
wenigstens zwei Mitglieder desselben das
Schießen beaufsichtigen. Nach den Schießtagen
sendet er mit Zuzug dreier unparteiischer
Schützenfreunde ab. Er beseitigt Streitigkei-
ten, die des Schießens wegen entstehen, insofern
sie nicht richterlicher Natur sind. Er ist auch
für die Kassa verantwortlich.
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III. Verrichtungen der einzelnen Mitglieder
 
§ 5.
a. Der Schützenmeister führt den Vorsitz
in den Versam[m]lungen des Schützenrathes
und der Gesellschaft, sorgt für Ruhe und
Ordnung in denselben, und ist dem Pfleger
in seinen Verrichtungen behülflich
b. Der Schützenmeister hat für die Scheiben,
für Ruhe und Ordnung im Schützenhause,
für Austheilung der Kehr- und Stichscheiben-
Billets, so wie auch für Austheilung der
Gewinste zu sorgen.
c. Der Pfleger sorgt für das Bild des
hl. Sebastians, so wie auch unter Mit-
wirkung des Schützenmeisters, für säm[m]t-
liche Einnahmen und Ausgaben der Ge-
sellschaft. Beide sind dem Schützenrathe
und der Gesellschaft dafür verantwortlich
und legen alljährlich am 19ten März
Rechnung ab.
d. Der Fähndrich besorgt in[n]ert und aussert dem
Schützenhause die Fahne, ist dafür verantwort-
lich, und soll dem Schreiber in seinen Verrich-
tungen an den Schießtagen behülflich sein.
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e. Der Schreiber hat die Gesellschaftsverhand-
lungen, Rechnungen und das Verzeichniß der
Gesellschaftsmitglieder in ein dazu bestim[m]tes
Protokoll einzuschreiben, so wie mit Bei-
hülfe des Fähndrichs, die Ergebnisse der
Schießtage zu kontrolieren[!].
 
§ 6.
Alle vier Jahre ist der säm[m]tliche Schützen-
rath im Austritt, ist aber sogleich wieder
wählbar.
 
§ 7.
Die Verrichtungen des Schützenrathes sind
unentgeltlich, seine Ausgaben aber sollen
aus der Kassa vergütet werden.
Der Schreiber hat eine anständige Entschä-
digung zu beziehen.
 
IV. Pflichten der Gesellschaftsmitglieder
 
§ 8.
a. Sie haben den Verhandlungen pünktlich bei-
zuwohnen.
b. Jedes Mitglied hat ein Eintrittsgeld von
1 Fr[an]k[e]n 50 R[a]pp[en] zu bezahlen.
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c. Den bestim[m]ten Doppel alljährlich zu
entrichten.
d. Dem am Auschießen abzuhaltenden
Gottesdienste beizuwohnen.
e. Gegen jedes Mitglied sich freund-
lich zu betragen.
 
§ 9.
Ein Gesellschaftsmitglied, welches
ohne erhebliche Ursache am Auschießen
oder an einer ordentlichen Versam[m]lung nicht
erscheint, verfällt in eine Strafe von 2 1/2 B[a]tz[en].
Wer aber zwei Jahre nacheinander keiner
Versam[m]lung noch dem Ausschießen bei-
wohnt, und den Doppel nicht entrichtet,
hat das Gesellschaftsrecht, unter Ver-
zichtleistung auf den Fond verloren.
 
§ 10.
Ein Mitglied verliert ferners das
Recht, wen[n] über dasselbe eine entehrende
Strafe verfügt wird, oder wen[n] es eine
im § 2 bezeichnete Eigenschaft verliert.
 
§ 11.
Ein Mitglied, welches auf irgend eine
Weise in der Gemeinde Hochdorf ange-
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sessen, hernach die Gemeinde wieder verläßt,
ist im[m]er noch der Gesellschaft einverleibt, und
hat noch das gleiche Recht zum allfälligen
Fond, ohne die im § 8 a, c und d und im § 9 ent-
haltenen Verpflichtungen erfüllen zu müßen.
 
§ 12.
Wen[n] ein Mitglied aus der Gesellschaft
stirbt, so soll auf Rechnung der Kassa für
dasselbe an dem alljährlichen Schützenjahrzeit
in der Pfarkirche[!] zu Hochdorf eine hl.
Messe unter Verkündigung desselben
gelesen werden.
 
V. Gesellschafts-Kassa
 
§ 13.
1. Die Kassa bildet sich:
a. aus den Einlagen der Mitglieder;
b. aus dem Doppel welcher bezogen wird;
c. von dem Erlös des Bleies und der alten
Scheiben;
d. aus den Strafgeldern, Opfern, Gutthaten u[nd] s[o] f[ort].
2. Aus der Kassa sollen bestritten werden:
a. die nöthigen Schützenscheiben;
b. die Gaben, so an den Schießtagen ausgesetzt werden;
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c. der Lohn der Zeiger und Aufseher;
d. die Entschädigung für die Auslagen des
Schützenrathes.
 
§ 14.
Der Vorschlag, welcher nach der Ab-
rechnung der Ausgaben erfolgt, soll capitalisirt
und das Hinterlags-Instrument in die
Deposital-Casse zu Hochdorf gelegt werden.
 
§ 15.
Jedem Mitglied ist frei gestellt, aus
der Gesellschaft zu treten; jedoch unter Ver-
zichtleistung auf seinen Antheil an der
Kasse, und unter halbjährlicher schrftlicher
Voranzeige an den Schützenmeister vor der
ordentlichen Jahresversam[m]lung; ansonst dieser
Austritt nicht erfolgen kann.
 
§ 16.
Jedem Mitglied ist gestattet, bei
ordentlichen Versam[m]lungen einzeln oder mit
andern vereint, neue Anträge vorzubringen,
über welche sogleich abgehandelt werden
soll.
 
§ 17.
Alle Jahre am 15ten August kann,
wen[n] die Mehrheit der säm[m]tlichen Gesell-
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schaft es verlangt, dieses Reglement einer Re-
vision unterworfen werden. Die daherigen Ab-
änderungen unterliegen der obrigkeitlichen Ge-
nehmigung.
 
§ 18.
Ueberhin soll die allgemeine Schützenordnung
für den Kanton Luzern vom 16ten März 1838
genau beobachtet werden.
 
§ 19.
Falls sich die Gesellschaft des gänzlichen
auflösen würde, so fällt der Zins des vorhan-
denen Kapitals der Armenanstalt von Hochdorf
zu, und der dortige Waisen- oder Gemeinderath
ist dafür verantwortlich.
 
§ 20.
Sollte aber wieder eine neue Schützenge-
sellschaft ins Leben tretten, so solle ihr das
allfällige vorhandenen Kapital wieder als
Fond zu handen gestellt werden.
 
§ 21.
Nachdem dieses Reglement die obrigkeit-
liche Genehmigung erhalten hat, so trittet
es in Kraft und Wirksamkeit.
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Wir Schultheiß und Regierungsrath
des
Kantons Luzern
Nach genom[m]ener Ken[n]tniß von dem unterm
23ten Weinmonat 1842 zur obrigkeitlichen Ge-
nehmigung eingelangten Reglemente der
Schützengesellschaft der Gemeinde Hochdorf
im Militarquartiere gleichen Namens;
Auf den Bericht und Antrag unserer
Militärkom[m]ission;
Beschließen:
1. Dem Schützenreglemente der Gemeinde
Hochdorf sei anmit in der durch die Mili-
tärkom[m]ission erhaltenen Fassung unsere
Genehmigung ertheilt.
2. Dieses Reglement - vorbehalten die im
§ 17 vorgesehene Abänderung desselben - bleibt
so lange in Kraft, bis entweder im All-
gemeinen oder Besondern über Errichtung
und Bildung von Schützengesellschaften in
Verbindung mit dem Militärwesen diesfalls
etwas anderes verfügt werden wird.
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3. Gegenwärtiger Beschluß soll diesem Reglemente
nachgetragen und in Urschrift sowohl der
Schützengesellschaft der Gemeinde Hochdorf
mitgetheilt als auch ins Staatsarchiv nieder-
gelegt, der Militärkom[m]ission aber in Abschrift
mitgetheilt werden.
 
So beschlossen, Luzern den 31ten Weinmonat 1842.
 
Der Schultheiß:
J. Elmiger
 
Namens des Regierungsrathes,
Der Staatsschreiber:
Bernhard Meyer

Transkription: S. Jäggi
Einleitung, Bilder: G. Egloff
Produktion: M. Lischer