Übereinkunft in geistlichen Dingen / Wessenberg'sches Konkordat 1806, Abschnitt III, § 2, 7 Pfründen für die Professoren

StALU AKT 29C/20C.2

Die französische Revolution brachte den Klöstern und Kollegiatstiften vor allem eines: Unbill. Die institutionellen Vermögen wurden verstaatlicht, verschiedene Gotteshäuser, darunter das Kloster St. Gallen als das bekannteste, verschwanden im Nachgang an die Revolution gänzlich. Stärker denn je stellte sich jetzt die aufklärerisch angehauchte Frage: Welchen Sinn und Zweck erfüllen die geistlichen Institute?

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St. Leodegar ist eines der noch wenigen auf dem Gebiet der Schweiz verbliebenen Kollegiatstifte. Verschiedene Institute fielen der Reformation zum Opfer, andere, wie das Stift Mariä Himmelfahrt in Baden, dem Kulturkampf in den 1870er-Jahren. Die Französische Revolution ihrerseits brachte diverse Stifte vor allem in der Westschweiz zum Verschwinden; dies zu einem Zeitpunkt, als die Aufklärung bereits seit längerem die Frage nach dem Sinn und Zweck der Kollegiatstifte und der Klöster aufgeworfen hatte.

In Luzern hatten die während der Helvetik den Klöstern auferlegten personellen Beschränkungen und dem damit verbundenen Einbruch beim Personal und bei der Disziplin 1838 indirekt zur Aufhebung der Franziskanerklöster Luzern und Werthenstein geführt. Rathausen und St. Urban folgten zehn Jahre später. Politische Ressentiments trugen das ihrige zur Aufhebung bei, ebenso der Bedarf an finanziellen Mitteln im Anschluss an den Sonderbundskrieg. Gerade im Fall von St. Urban waren aber auch grundsätzliche Argumente zu hören – die Klöster hätten sich überlebt: «Wo sie [die Klöster] sich für die Gesellschaft nicht mehr nützlich machen entweder in der Seelsorge oder im Lehramte, ist ihr Ansehen und ihre Wirksamkeit dahin.»

Es ist klar, dass angesichts dieses rationalistisch-aufklärerischen Zeitgeistes auch die Chorherrenstifte Schwierigkeiten hatten, ihren Daseinszweck nur unter Berufung auf das tägliche Chorgebet zu begründen. Keine Option war es, die dem eigenen Image wenig zuträgliche und in einer «modernen» Gesellschaft nicht akzeptierten Funktion als Versorgungsstätte für nachgeborene Patrizier- und Bürgerkinder an erster Stelle aufzuführen. Stattdessen konnte hier ein zusätzlicher Dienst an der Gesellschaft die notwendige Rechtfertigung verschaffen. Für St. Leodegar erwies sich ein schulisches Engagement als gangbarer Weg. In der zwischen dem Kanton Luzern und dem Bistum Konstanz 1806 abgeschlossenen Übereinkunft in geistlichen Dingen (Wessenberg'sches Konkordat), Abschnitt III, § 2, wurde vertraglich vereinbart, dass sieben Kanonikate des Stifts für Professoren der Höheren Lehranstalt reserviert werden sollten. Damit leistete das Stift fortan einen wesentlichen Beitrag an die Entlöhnung der Lehrberechtigten an der Höheren Lehranstalt.

Transkription

Die Professoren der höheren Schule, oder des Lyzeums zu Luzern sollen von nun an auf die am St. Leodegar Stift im Hof wirklich erledigten und in Zukunft ledig fallenden Chorherrenstellen (insofern nicht die Regierung veranlasst werden sollte, kraft des § 3 des nächst vorgehenden Abschnittes zu Gunsten der zwey Leutpriester in Sempach und Merenschwand, während den an diesem Stift zu besetzenden ersten sieben Kanonikaten hie von eine Ausnahme zu machen, oder das Ihr nach Inhalt des § 8 gegenwärtigen Abschnittes, zuoerkannte unbedingte Wahlrecht auf ein solches Kanonikat selbst in Ausübung zusetzen) nach dem Alter ihres Professorsamtes angestellt werden, wobey sie nichts desto weniger an der Stelle eines Professors verbleiben. Würde dann der Fall eintreten, dass ein solcher Chorherr und Professor zum Lehrstuhl unfähig werden sollte, so behält derselbe einzig und allein das Kanonikat in Verbindung mit dessen Einkünften und Verpflichtungen bey ...