Erschliessung eines Familienarchivs

Mit der Erschliessung des Archivs der Familie Schnyder von Wartensee ist im Staatsarchiv Luzern ein weiterer Bestand einer für den Kanton Luzern bedeutenden Familie zugänglich. Als eine führende Familie der Stadt Sursee waren Schnyders während mehrerer Jahrhunderte im Surseer Rat vertreten und besetzten Schlüsselämter der Stadtverwaltung, wie das Schultheissen-, Säckelmeister- oder Stadtschreiberamt. Ausserdem bekleideten sie über Generationen die einträglichen Schaffnerstellen der Klöster St. Urban und Muri.

Der äusserst reichhaltige Bestand bildet die vielfältigen Tätigkeitsbereiche der Familie sowie die starke Verflechtung von öffentlichen und privaten Domänen ab. Ganz unterschiedliche Dokumente – von umfangreicher Korrespondenz, über Abrechnungen, Gültbriefe, und Güterverzeichnisse, über Zins- Zehnt- und Ehrschatzverzeichnisse der Schaffnerei Sursee, Unterlagen zum französischen und spanischen Solddienst bis hin zu Menüplänen für aufwendige Gastmähler – liegen jetzt für interessierte Leser bereit.

Korrespondenzen

Brief an Jost Karl Schnyder von seinem Cousin von 1668 (PA 1419/100)

Eine Herausforderung in der Erschliessung dieses Familienarchives bestand in den unterschiedlichen Schriftarten und vielen verschiedenen Handschriften. In etlichen Briefen wurde der vorhandene Platz maximal genutzt und in winziger Schrift geschrieben.

Brief von Georg Johann Karl Christoph Schnyder über den Tod seiner Schwester von 1779 (PA 1419/69)
Brief von Julius Schnyder an den Bischof von Basel von 1878 (PA 1419/143)

Kontenbündel

Kontenbündel (Rechnungen) für Leistungen von Handwerkern und Ärzten und für Lebensmittel etc. , 1881-1884 (PA 1419/214)
Im Bestand ist eine immense Anzahl sogenannter Konten überliefert. Dabei handelt es sich um auf kleine Zettel geschriebene Rechnungen von Handwerkern, Ärzten, Buchhändlern, Lebensmittelverkäufern etc. Auch schon in Zeiten vor elektronischen Buchhaltungssystemen war es nötig, Ordnung in die Finanzen zu bringen. Im vorliegenden Fall wurden jene Konten, die bezahlt waren, auf einen Faden aufgezogen und zusammengeschnürt – eine Überlieferungsart, die bisher nur wenig bekannt war. Darüber hinaus ist auch ein inhaltlicher Zusammenhang eines Bündels denkbar, etwa dass alle Konten zu einem bestimmten Bauprojekt gehörten.

Ausgeteilte Bürgerkernen

Aus: Liste der ausgeteilten Bürgerkernen, 1749 (PA 1419/637)

Da die Familie Schnyder durch die Ausübung von Ämtern stark in die Stadtverwaltung von Sursee integriert war, finden sich in ihrem Privatarchiv viele städtische Akten. Ein Beispiel ist die Liste, in der aufgeführt ist, welcher Bürger von Sursee wie viele sogenannte Bürgerkernen erhalten hat. Als Bürger eines Ortes hatte man neben Verpflichtungen auch gewisse Privilegien. Das Bürgerrecht erhielt man per Geburt - dann wenn der Vater bereits das Bürgerrecht besass - oder es musste käuflich erworben werden. Zu den Privilegien gehörten die Mitbenutzung der Allmend, Holzzuteilungen oder eben das Anrecht auf die jährlichen Bürgerkernen (Kernen bezeichnet entspelzten Dinkel und war bis ins 19. Jahrhundert die verbreitetste Getreidesorte.)

Abrechnung einer Solddienst-Kompanie

Abrechnung, 1815 (PA 1419/662)

Über Generationen besetzten Angehörige der Familie Schnyder hohe Chargen im französischen, vereinzelt auch im spanischen Solddienst. Das abgebildete Dokument zeigt die Abrechnung von Louis Schnyder, der die 5. Kompanie des Bataillons Zurgilgen-Von Orelli kommandierte, mit einzelnen Angehörigen seiner Kompanie, etwa dem Feldweibel, dem Furier oder dem Wachtmeister. Der Hauptmann einer Kompanie wirtschaftete dabei auf eigenes Risiko und konnte je nach Schlachtenerfolg sowohl Gewinne als auch Verluste verzeichnen.

Vom Rechnungsbuch zur Rezeptsammlung

Seite aus dem Rezeptbuch (aus: PA 1419/780)

Im Buch mit der Signatur PA 1419/780 werden in der ersten Hälfte Zahlungen zu Fronfasten (dreitägiger Fastenzyklus, 4 mal jährlich) aufgelistet. In der zweiten Hälfte ändert das Buch völlig seinen Charakter und wird zur Rezept- und Anleitungssammlung. Dieses Hausbuch aus den Jahren 1612 bis 1619 enthält Tipps und Tricks für den Haushalt, die Landwirtschaft, die Tierhaltung und zur Heilung von Krankheiten. In einer Zeit, in der nicht schnell gegoogelt werden konnte, sind solche Bücher wertvolle Wissensspeicher. Die Weiterführung als Rezeptbuch belegt, dass nicht einfach teures Papier verschwendet wurde.

Magisches Quadrat: "Ein Zahl zu stellen das alwegen 15 gebe, alweg 3 und 3 in einer Linie" (aus: PA 1419/780)
Salbe gegen Läuse: "Für die Lüs oder böse Häupter den Kinderen und vil Lüs darin wachsen" (aus: PA 1419/780)

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